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Betriebsbedingte Kündigung: Die 12 wichtigsten Fragen und Antworten

Der Flurfunk hat bereits Alarm geschlagen, Arbeitnehmer befürchten eine betriebsbedingte Kündigung. Die Auslöser können ganz unterschiedlich sein: Der Arbeitgeber ist in eine finanzielle Schieflage geraten oder will sich mit einer anderen Firma zusammentun. Oft sieht er keine Möglichkeit mehr, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen.

Hier erläutern wir Ihnen, unter welchen Bedingungen eine betriebsbedingte Kündigung wirksam ist.

Fällt das Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), braucht der Arbeitgeber für eine Kündigung einen guten Grund, damit sie wirksam ist. Das gilt nicht nur für eine außerordentliche (fristlose) Kündigung – sondern auch für eine ordentliche Kündigung. Gesetzlich sind drei ordentliche Kündigungsgründe vorgesehen: personenbedingt, verhaltensbedingt und betriebsbedingt.

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung genau?

Wie der Name schon sagt, setzt eine betriebsbedingte Kündigung einen betriebsbedingten Kündigungsgrund voraus. Hier „verursacht“ der Arbeitgeber den Grund. Darin unterscheidet sie sich von der personenbedingten und verhaltensbedingten Kündigung. Deren Gründe „verursacht“ der Arbeitnehmer.

Eine betriebsbedingte Kündigung setzt einen betriebsbedingten Kündigungsgrund voraus.
Eine betriebsbedingte Kündigung setzt einen betriebsbedingten Kündigungsgrund voraus. Hier „verursacht“ der Arbeitgeber den Grund. Wenn Sie professionelle Hilfe durch einen spezialisierten Rechtsanwalt benötigen, dann erreichen Sie uns unter 0201 / 68 51 840.

Der Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis, weil er den Arbeitnehmer wegen betrieblicher Erfordernisse nicht weiter in dem Betrieb beschäftigen kann.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur wirksam, wenn vier Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen:

  1. Es müssen be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se vor­lie­gen, die den Bedarf an Arbeitsleistung reduzieren.
  2. Die Kündi­gung muss „dring­lich“ sein, d.h. es gibt keine Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen.
  3. Das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung muss das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes überwiegen.
  4. Der Arbeitgeber muss bei der Auswahl der zu kündigenden Mitarbeitern auch soziale Gesichtspunkte berücksichtigen (Sozialauswahl).

Der Punkt „Interessenabwägung“ fällt bei einer betriebsbedingten Kündigung – anders als bei der verhaltensbedingten und personenbedingten Kündigung – kaum ins Gewicht. Denn der Unternehmer hat entschieden, seinen Betrieb anders zu organisieren mit der Folge, dass der Bedarf an der Arbeitsleistung nicht mehr vorhanden ist.

Grundsätzlich ist der Unternehmer in seinen betrieblichen Entscheidungen frei. Seine unternehmerische Entscheidung wird nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüft. Der Unternehmer allein beurteilt, ob seine Maßnahme für die Firma be­triebs­wirt­schaft­lich sinnvoll ist oder nicht.

Nur in seltenen Ausnahmefällen ist der Arbeitnehmer als besonders schutzwürdig anzusehen, etwa wenn er sich in schwerwiegenden persönlichen Umständen befindet.

Ob bei einem Arbeitnehmer tatsächlich eine schwerwiegende persönliche Lage vorliegt, die sich auf die Interessenabwägung bei einer betriebsbedingten Kündigung auswirken kann, sollte durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beurteilt werden. Die Anforderungen hieran sind hoch, so dass gekonnt argumentiert werden muss.

Was ist unter betrieblichen Erfordernissen bei einer betriebsbedingten Kündigung zu verstehen?

„Betriebliche Erfordernisse“ bedeutet, dass der Arbeitgeber seine betrieblichen Abläufe neu organisiert und zwar so, dass ein oder mehrere Arbeitsplätze entfallen.

Man unterscheidet zwischen innerbetrieblichen Gründen und außerbetrieblichen Gründen, die den Arbeitgeber zu der Neuorganisation veranlassen.

Was sind innerbetriebliche Gründe?

Bei den sog. innerbetrieblichen Gründen beruft sich der Arbeitgeber z.B. darauf, dass er in seinem Betrieb rationalisieren will. Anlass kann eine Zusammenlegung von Abteilungen sein oder er plant die Auslagerung von Arbeiten an externe Partner. Vielleicht möchte er Tätigkeiten in Zukunft durch Maschinen erledigen lassen oder die Produktion bestimmter Produkte ganz einstellen.

Was sind außerbetriebliche Gründe?

Auf außerbetriebliche Gründe hat der Unternehmer keinen Einfluss. Es kann sich z.B. um eine schlechtere Auftragslage handeln oder der Umsatzrückgang beruht auf anderen Faktoren.

Wofür ist die Unterscheidung von innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Gründen bei einer betriebsbedingten Kündigung wichtig?

Ob der Kündigung innerbetriebliche oder außerbetriebliche Gründe zu Grunde liegen ist wichtig für die Chancen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess. Die Anforderungen an die Nachweise, die der Arbeitgeber für das Vorliegen der Gründe führen muss, sind unterschiedlich hoch. Einfacher für den Arbeitgeber ist es, innerbetriebliche Umstände darzulegen. Stellt er die Produktion ein, muss er „nur“ angegeben, ab wann.

Haben Sie weitere Fragen zum Thema betriebsbedingte Kündigung?
Haben Sie weitere Fragen zum Thema betriebsbedingte Kündigung? Dann rufen Sie uns an unter 0201 / 68 51 840.

Bei außerbetrieblichen Gründen ist die Hürde höher und deren Nachweis macht dem Arbeitgeber mehr Mühe. Er ist dem Gericht Zahlen schuldig. Der Arbeitgeber hat darzulegen, warum und wie viele Arbeitsplätze aufgrund seiner unternehmerischen Entscheidung dauerhaft wegfallen.

Beruft er sich auf einen Umsatzrückgang, muss er angeben, inwieweit sich seine Auftragslage verschlechtert hat und wie sich das auf den Beschäftigungsbedarf auswirkt. Er muss darüber hinaus organisatorische und technische Maßnahmen beschreiben. Diese Nachweise verursachen oft einen erheblichen Aufwand.

Hier bietet sich oft eine gute Gelegenheit zum Nachhaken. Ob der Arbeitgeber dies wirklich ausreichend dargelegt hat, kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht aufgrund seiner Erfahrung am besten einschätzen.

Zu erinnern ist an dieser Stelle daran, dass das Gericht bei einer betriebsbedingten Kündigung nicht darüber befindet, ob diese unternehmerische Entscheidung erfolgversprechend ist. Es prüft nur, ob der Arbeitgeber den Stellenwegfall plausibel begründen kann.

Wann besteht für den Arbeitnehmer keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr?

Bei der betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber eine Besonderheit beachten: Gibt es freie Arbeitsplätz im Betrieb, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen dieser Plätze anbieten. Freie Arbeitsplätze beziehen sich nicht nur auf den jeweiligen Betrieb oder die jeweilige Abteilung, sondern ggf. auf das ganze Unternehmen. Hingegen sind andere Unternehmen eines Konzerns nicht unbedingt in die Auswahl einzubeziehen.

Die Verflechtungen von Firmen sind oftmals schwierig zu durchschauen. Was ist Betrieb, was Unternehmen, was Konzern? Nur ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann beurteilen, wie weit der Arbeitgeber seine Fühler ausstrecken muss.

Unkompliziert ist die Sache dann, wenn ein gleichwertiger Arbeitsplatz vorhanden ist. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer jedoch auch einen ungleichwertigen Arbeitsplatz anbieten. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, eine Änderungskündigung anstatt einer Beendigungskündigung auszusprechen.

Bei einer Änderungskündigung wird zwar das gesamte Ar­beits­verhält­nis­ gekündigt, ist aber mit dem Angebot verbunden, das Arbeitsverhältnis mit veränderten – eben schlechteren – Bedingungen fortzusetzen.

Gibt es eine freie Stelle, die höherwertig zur bisherigen Tätigkeit ist, darf der Arbeitgeber diese nicht vorenthalten. Dem Arbeitnehmer ist zuzugestehen, dass er sich entsprechend umschult oder qualifiziert. Diese Fortbildung muss ihm zumutbar sein und er muss sein Einverständnis erklären.

Rufen Sie uns an unter 0201 / 68 51 840 oder schreiben Sie eine Nachricht an sekretariat@kanzlei-asch.de.

Wann ist die Sozialauswahl bei einer betriebsbedingen Kündigung korrekt durchgeführt?

Bei der Sozialauswahl werden die Arbeitnehmer miteinander verglichen, und zwar nach sozialen Gesichtspunkten. Es dürfen nur diejenigen Arbeitnehmer gekündigt werden, die sozi­al am we­nigs­ten schutz­bedürf­tig sind. Der Arbeitgeber bildet eine Vergleichsgruppe. In dieser fasst er die Arbeitnehmer mit vergleichbaren Arbeitsplätzen und derselben Position zusammen.

Entscheidende Kriterien für die Sozialauswahl sind:

  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • das Lebensalter
  • die Unterhaltspflichten
  • eine ggf. bestehende Schwerbehinderung

Ein 20-Jähriger, der keine unterhaltspflichtigen Kinder hat, ist weniger schutzbedürftig als ein 35-jähriger Familienvater mit Kindern, denen er Unterhalt zahlen muss. Der 20-jährige ist auch weniger schutzbedürftig als ein 35-jähriger mit einer Schwerbehinderung.

Sind alle Arbeitnehmer bei der Sozialauswahl zu berücksichtigen?

Nein. Tatsächlich hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, bestimme Arbeitnehmer von der Sozialauswahl auszunehmen. Es gibt Arbeitnehmer, auf die das Unternehmen wegen ihrer besonderen Kenntnisse oder Fähigkeiten nicht verzichten kann. Würde sich das Fehlen dieser Mitarbeiter auf die Belange der Firma auswirken, können sie von der Sozialauswahl ausgeschlossen werden.

Was spielt der Betriebsrat für eine Rolle bei einer betriebsbedingten Kündigung?

Sofern es in dem Betrieb einen Betriebsrat gibt, muss dieser vor jeder Kündigung angehört werden. Unterlässt der Arbeitgeber dies, ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Er hat dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen.

Die Sachlage ist ihm so darzulegen, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen prüfen kann, wie Stichhaltigkeit die Kündigungsgründe sind. Der Betriebsrat kann einer betriebsbedingten Kündigung innerhalb einer Woche widersprechen, sofern die gesetzlich vorgesehenen Gründe vorliegen.

Wann fällt das Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz?

Der Arbeitgeber muss sich an die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung halten, wenn das Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz fällt.

Für den Arbeitnehmer gilt der Kündigungsschutz, wenn

  • er seit mehr als sechs Monaten ununterbrochen bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist und
  • in dem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind (Ausschluss eines sog. Kleinbetriebs)

Es kommt jedoch auch darauf an, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis begonnen hat. Bis zum 31.12.2003 war im Hinblick auf die Beschäftigten eine andere Zahl maßgeblich: Damit das Kündigungsschutzgesetz anwendbar war, reichten bereits mehr als 5 Arbeitnehmer in dem Betrieb aus.

Zu beachten ist aber folgendes: Der Kündigungsschutz nach der alten gesetzlichen Regelung greift nur, wenn von den mehr als fünf Arbeitnehmern, die bereits am 31.12.2003 beschäftigt waren, zum Zeitpunkt der Kündigung noch immer mehr als fünf bei dem Arbeitgeber angestellt sind.

Welche Arbeitnehmer werden für die Beschäftigtenzahl mitgerechnet?

Nicht in jeder Firma sind alle Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt. Deshalb werden die Wochenstunden pro Angestelltem anteilig mit einem bestimmen Faktor berechnet.

Beschäftigte werden anteilig berücksichtigt:

  • über 30 Wochenstunden mit dem Faktor 1
  • bis einschließlich 30 Wochenstunden mit dem Faktor 0,75
  • bis einschließlich 20 Wochenstunden mit dem Faktor 0,5

Achtung: Nicht alle Mitarbeiter zählen mit. Auszubildende oder die für einen erkrankten Mitarbeiter eingestellte Vertretung werden z.B. nicht mit eingerechnet. Leiharbeitnehmer hingegen schon, wenn sie regelmäßig eingesetzt werden. Steigt die Anzahl der Beschäftigten unter Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer auf mehr als 10, gilt für die Stammbelegschaft das Kündigungsschutzgesetz.

Die Frage, ob und ggf. wie viele Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind, kann bei einer betriebsbedingten Kündigung eine entscheidende Rolle spielen. Eine juristische Einschätzung ist dann unerlässlich.

Für die Leiharbeitnehmer hingegen gilt dieser Kündigungsschutz nicht. Der Arbeitgeber ist lediglich Entleiher und muss nur das Auftragsverhältnis mit der Zeitarbeitsfirma beenden, wenn er den Leiharbeitnehmer nicht mehr einsetzen will.

Für welche Personen gilt das Kündigungsschutzgesetz?

Das Kündigungsschutzgesetz gilt ausschließlich für Ar­beit­neh­mer, also für Arbei­ter und An­ge­stell­te. Vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommen sind z.B. freie Mit­ar­bei­ter bzw. Selbständi­ge, die für den Betrieb tätig sind. Nicht geschützt sind des Weiteren Mit­glie­der des Ver­tre­tungs­or­gans ei­ner ju­ris­tischen Per­son (etwa der Vor­stand ei­ner Ak­ti­en­ge­sell­schaft). Grundsätzlich gilt das auch für den Geschäftsführer ei­ner GmbH, jedoch gibt es hier Ausnahmen.

Zusammenfassung

  • Gilt für das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), ist die Kündigung nur wirksam, wenn es einen Grund gibt. Aus dem Gesetz ergeben sich drei Kündigungsgründe: personenbedingt, verhaltensbedingt, betriebsbedingt.
  • Für den Arbeitnehmer gilt der Kündigungsschutz, wenn er seit mehr als 6 Monaten bei dem Betrieb arbeitet und dort mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind.
  • Für die Berechnung der Anzahl der Beschäftigten werden die Arbeitnehmer je nach Wochenstunden mit einem bestimmten Faktor berücksichtigt.
  • Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur für Arbeitnehmer, nicht für Selbständige.
  • Eine betriebliche Kündigung ist möglich, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen betrieblicher Erfordernisse nicht weiter beschäftigen kann.
  • Es gibt innerbetriebliche und außerbetriebliche Gründe, die den Arbeitgeber zu einer Kündigung veranlassen können.
  • Der Arbeitgeber muss im gesamten Unternehmen nach einem freien Arbeitsplatz suchen und nicht nur in der jeweiligen Abteilung.
  • Dem Arbeitnehmer muss ggf. ein höherwertiger Arbeitsplatz angeboten werden.

Es dürfen nur diejenigen Arbeitnehmer gekündigt werden, die innerhalb einer Vergleichsgruppe sozial am wenigsten schutzbedürftig sind (Sozialauswahl).


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