Abwicklungsvertrag – Die 11 häufigsten Fragen und Antworten
In diesem Beitrag geht es um den Abwicklungsvertrag. Wir haben die 9 aus unserer Sicht wichtigsten Fragen zum Thema Abwicklungsvertrag hier für Sie zusammengefasst.
Was ist ein Abwicklungsvertrag?
Ein Abwicklungsvertrag wickelt tatsächlich etwas ab: die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er regelt, wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, zB im Falle einer Kündigung, auseinandergehen.
Ein Abwicklungsvertrag ist eine zweiseitige Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das bedeutet, beide einigen sich einvernehmlich über Ablauf und Folgen der Trennung.
Die Parteien können den Inhalt frei gestalten, etwa auf Forderungen verzichten oder sich Gegenleistungen (zB eine Abfindung) versprechen.
Warum wird ein Abwicklungsvertrag geschlossen?
Mit Hilfe eines Abwicklungsvertrags können noch offenen Punkte der Trennung geklärt werden.
Die Parteien vermeiden so langwierige und kostspielige Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht.
Der wichtigste Grund für einen Abwicklungsvertrag ist aber, dass sich der Arbeitgeber dadurch einen entscheidenden Vorteil verschafft:
Der Arbeitnehmer kann sich verpflichten, die Kündigung hinzunehmen und auf eine Kündigungsschutzklage zu verzichten. Der Arbeitgeber erlangt so Rechtssicherheit über die Wirksamkeit der Kündigung – auch wenn die Kündigung eigentlich unwirksam wäre.
In aller Regel verpflichtet sich der Arbeitgeber im Gegenzug zur Zahlung einer Abfindung.
Was wird in einem Abwicklungsvertrag geregelt?
Üblicherweise wird mit dem Abwicklungsvertrag die Zahlung einer Abfindung verhandelt. Abfindung verhandeln setzt viel Erfahrung und taktisches Geschick voraus. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf die Zahlung einer Abfindung.
Bei der Abfindung handelt es sich um die Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer zur Abgeltung der mit der Kündigung verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Nachteile. Zur Höhe der Abfindung gibt es keine gesetzliche Regelung. Die Höhe der Abfindung ist frei verhandelbar.
Als Berechnungsgrundlage gilt die Faustformel ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Davon kann aber sowohl nach oben als auch nach unten abgewichen werden. Hier gilt der Grundsatz, je höher die Erfolgsaussichten eines Kündigungsschutzprozesses sind, je höher sollte auch die Abfindung ausfallen.
Letztendlich ist die Abfindungshöhe das Ergebnis taktisch geführter Abfindungsverhandlungen.
Abfindung und Steuern
Abfindungen sind grundsätzlich steuerpflichtig, jedoch sozialversicherungsfrei. Über die sogenannte 1/5 Regelung kann es Steuervorteile geben. In diesem Fall wird die Steuerlast der Abfindung auf 5 Jahre verteilt. Zwar erfolgt der Steuerabzug sofort in voller Höhe. Über die 1/5 Regelung können aber Steuerzahlungen zurückgefordert werden.
Die sonstigen Vereinbarungen decken sich oft mit dem Inhalt eines Aufhebungsvertrags:
- wie lange der Dienstwagen noch genutzt werden darf
- die Fortzahlung variabler Gehaltsbestandteile (zB Provisionen)
- die Note des Arbeitszeugnisses
- ein Wettbewerbsverbot
- die Abgeltung von Resturlaub
- der Zeitpunkt einer Freistellung
Was ist mit der Sperrzeit bei einem Abwicklungsvertrag?
Mit der drohenden Sperrzeit verhält es sich beim Abwicklungsvertrag ähnlich wie beim Aufhebungsvertrag. Entscheidend ist immer, ob sich der Arbeitnehmer praktisch am Lösen des Beschäftigungsverhältnisses beteiligt hat.
Das ist anzunehmen, wenn er einen Abwicklungsvertrag unterschreibt und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung hinnimmt.
Von einer Sperrzeit kann aber abgesehen werden, wenn es einen wichtigen Grund dafür gab, den Abwicklungsvertrag abzuschließen. Hierfür spricht es ua, wenn
- der Arbeitsgeber betriebsbedingt unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum selben Zeitpunkt gekündigt hätte
und
- die Abfindung nicht zu hoch ausfällt.
Eine Abfindung von 0,25 bis zu 0,5 des Monatsentgelts pro Beschäftigungsjahr wird in der Regel als angemessen angesehen.
Ansonsten kann der Eindruck entstehen, dass sich der Arbeitgeber vom Risiko eines Kündigungsschutzprozesses „freikauft“. Das wiederum erweckt den Anschein, der Arbeitnehmer würde sein Arbeitsverhältnis freiwillig ohne wichtigen Grund aufgeben.
Ob ein wichtiger Grund vorliegt, kann ein Fachanwalt am besten beurteilen. Er kennt sich mit der Arbeitsweise der Bundesagentur für Arbeit und der Einschätzung der Gerichte aus.
Er kann darüber hinaus mit dem Arbeitgeber professionell verhandeln, ob die drohenden finanziellen Nachteile durch eine Sperrzeit in die Abfindung eingerechnet werden sollten.
Was ist der Unterschied zwischen einem Abwicklungsvertrag und einer Kündigung?
Eine Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis. Der gekündigte Vertragspartner muss hiermit nicht einverstanden sein. Eine Kündigung ist daher eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung. Mit der Kündigung wird nichts weiter geregelt außer der Beendigung des Arbeitsvertrags.
Der Abwicklungsvertrag hingegen führt nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbei. Aus diesem Grund wird er nach dem Ausspruch einer Kündigung verhandelt.
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Was ist der Unterschied zwischen einem Abwicklungsvertrag und einem Aufhebungsvertrag?
Abwicklung- und Aufhebungsvertrag sind zwar beide gegenseitige Verträge – zwischen ihnen gibt es aber einen sehr großen Unterschied: die bezweckte Rechtsfolge.
Der Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis.
Dem Abwicklungsvertrag geht hingegen eine Beendigung voraus.
Beiden gemein ist, dass der Inhalt frei gestaltet werden kann.
Was ist der Unterschied zwischen einem Abwicklungsvertrag und einer Ausgleichsquittung?
Manchmal möchte der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer schriftlich bestätigt, seine Arbeitspapiere erhalten zu haben. Dies ist eine sog. Ausgleichsquittung, eine Empfangsbestätigung.
Oft soll der Arbeitnehmer darüber hinaus versichern, dass er keine weiteren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis hat und solche nicht gegen den Arbeitgeber geltend machen wird. Eine sog. Ausgleichsklausel ist regelmäßig Bestandteil der Ausgleichsquittung.
Abwicklungsvertrag und Ausgleichsquittung schließen beide die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab – sie dürfen aber nicht verwechselt werden.
Insbesondere bei einer Ausgleichsklausel ist für den Arbeitnehmer Vorsicht geboten: Mit ihr sichert sich der Arbeitgeber ab, ohne dass der Arbeitnehmer eine Gegenleistung erhält. Einen Vorteil hat damit nur der Arbeitgeber.
Sollen Arbeitnehmer im Zuge der Beendigung auf Forderungen verzichten, ist es ratsam, das Schriftstück nicht unbesehen zu unterzeichnen. Häufig er im Zuge einer Ausgleichsquittung (bzw. -klausel) zusichern, dass er auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet.
Ein Fachanwalt kann beurteilen, ob ein Abwicklungsvertrag oder eine Ausgleichsklausel vorliegt. Er kann entscheiden, ob die Ausgleichsquittung im Einzelfall gefahrlos unterschrieben werden kann oder doch lieber ein Abwicklungsvertrag ausgehandelt werden sollte.
Muss ein Abwicklungsvertrag schriftlich vereinbart werden?
Nein, grundsätzlich nicht. Der Abwicklungsvertrag an sich beendet das Arbeitsverhältnis nicht.
Arbeitgebern ist jedoch daran gelegen, den Abwicklungsvertrag schriftlich festzuhalten. Um diesen Punkt zu verstehen, muss man ein wenig um die Ecke denken:
War die Kündigung möglicherweise von Anfang an unwirksam, sorgt erst der Abwicklungsvertrag für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Denn der Arbeitnehmer akzeptiert damit die Kündigung.
Sobald es jedoch als Rechtsfolge um die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geht, muss dies wegen der einschneidenden Folgen schriftlich fixiert werden – daher bedürfen Kündigung oder Aufhebungsvertrag immer der Schriftform.
Wurde der Abwicklungsvertrag nun aber nicht schriftlich geschlossen, gilt das auch für die Kündigung. Sie steckt quasi im Abwicklungsvertag und teilt mit ihm das gleiche Schicksal. Fehlt die Schriftform für den Abwicklungsvertrag, fehlt sie auch für die Kündigung. Die Kündigung ist dann unwirksam
Über den Tellerrand zu schauen, kann im Zusammenhang mit einem Abwicklungsvertrag sehr wichtig sein. Daher lohnt sich der Rat des Fachanwalts.
Wie kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht helfen?
Für einen Arbeitnehmer ist es häufig von Vorteil, auf einen Abwicklungsvertrag zu verzichten und stattdessen Kündigungsschutzklage einzureichen. Für den Arbeitgeber hingegen kann ein Abwicklungsvertrag vorteilhaft sein.
Ein Fachanwalt
- wägt ab, ob der Arbeitgeber einen Abwicklungsvertag anbieten sollte
- beurteilt, ob der Arbeitnehmer den Abwicklungsvertag unterzeichnen oder lieber klagen sollte
- verhandelt mit der Gegenseite professionell die Einzelheiten des Abwicklungsvertrags und sichert seinem Mandanten so Vorteile
- berät, wie sich eine ggf. Sperrzeit vermeiden lässt
- wirkt darauf hin, dass drohende finanzielle Nachteile durch eine Sperrzeit in die Abfindung eingerechnet werden
- begleitet ggf. im Kündigungsschutzprozess und wirkt hier zB. auf die Zahlung einer Abfindung hin
Wirksamkeit einer Abfindung
Die Wirksamkeit einer Abfindung ist nicht gesetzlich geregelt. Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Die Zahlung einer Abfindung muss ausdrücklich vereinbart werden.
Abfindung durch Sozialplan oder Interessensausgleich
Wird das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber gekündigt, kann sich der Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan oder Interessensausgleich ergeben, den der Betriebsrat bei betriebsbedingten Kündigungen vorher mit dem Arbeitgeber ausgehandelt hat. Die Höhe der Abfindung wird dann üblicherweise nach einem Punktesystem ermittelt, das sich ebenfalls aus dem Sozialplan oder Interessensausgleich ergibt.
Abfindung durch gerichtlichen Vergleich
Ansonsten muss der gekündigte Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben und auf Weiterbeschäftigung klagen. Dann kann im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs die wirksame Zahlung einer Abfindung vereinbart werden.
Die Zahlung einer Abfindung kann auch durch einen Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag wirksam vereinbart werden. Lässt der Arbeitnehmer die dreiwöchige Klagefrist verstreichen, wird die Kündigung in der Regel wirksam und zwar unabhängig davon, ob die Kündigung gerechtfertigt war. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer keine Abfindung. Daher sollte der Arbeitnehmer nach Erhalt einer Kündigung unverzüglich durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen, ob die Kündigung gerechtfertigt ist und Kündigungsschutzklage erheben.
Ausgleichsquittung bei Kündigung
Mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses verlangt der Arbeitgeber oftmals vom Arbeitnehmer die Unterzeichnung einer Ausgleichsquittung, um Ansprüche des Arbeitnehmers auszuschließen. Mit der Ausgleichsquittung soll der Arbeitnehmer bestätigen, dass er keine Ansprüche mehr gegen den Arbeitgeber hat.
Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet eine solche Ausgleichsquittung zu unterschreiben.
Er muss auf Verlangen lediglich den Empfang der Arbeitspapiere bestätigen, § 368 BGB. Hat sich der Arbeitnehmer dennoch zur Unterzeichnung einer Ausgleichquittung hinreißen lassen, ist diese oft unwirksam und kann angefochten werden, denn bei der Auslegung der Ausgleichsquittung ist zu berücksichtigen, dass in der Regel ohne Gegenleistung auf Ansprüche nicht verzichtet wird. Nur wenn der Verzicht im Text der Ausgleichsquittung zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, kann diese wirksam werden.
Zusammenfassung
- Ein Abwicklungsvertrag selbst beendet das Arbeitsverhältnis nicht
- Ein Abwicklungsvertrag wird daher nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandelt
- In einem Abwicklungsvertrag werden einvernehmlich offene Punkte geregelt, die sich aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergeben
- Hauptpunkte in einem Abwicklungsvertrag sind Verzicht des Arbeitnehmers auf Kündigungsschutzklage und Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber
- Durch Anerkennung des Abwicklungsvertrags wird die Kündigung wirksam
- Der Abwicklungsvertrag kann grundsätzlich formfrei geschlossen werden
- Bei einem Abwicklungsvertrag droht eine Sperrzeit