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Anfechtung eines Aufhebungsvertrages – Gebot fairen Verhandelns

BAG, Urteil vom 24.02.2022, 6 AZR 333/21

Ob ein Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen ist, bedarf einer Prüfung der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrages von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB dar.

Der Entscheidung des BAG lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Zur Begründung führt die Klägerin an, ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrages die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Damit habe die Beklagte gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Das BAG geht davon aus, dass es im vorliegenden Fall an der Widerrechtlichkeit der behaupteten Drohung fehlt, selbst dann, wenn man den von der Klägerin behaupteten Sachverhalt als richtig unterstellt. Ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Das Berufungsgericht (LAG Hamm, Urteil vom 17.05.2021, 18 SA 1124/20) ist unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats vom 07.02.2019 (BAG, Urteil vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18) zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die Beklagte nicht unfair verhandelt hat. Die Entscheidungsfreiheit der Klägerin wurde nicht dadurch verletzt, dass die Beklagte den Aufhebungsvertrag entsprechend § 147 Abs. 1 S. 1 BGB nur zur sofortigen Annahme unterbreitet hat und die Klägerin über die Annahme deswegen sofort entscheiden musste.

Fazit:
Darf der Arbeitgeber im Einzelfall die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen und legt er dem Arbeitnehmer stattdessen einen Aufhebungsvertrag vor, der nur sofort angenommen werden kann, liegt darin kein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns.


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